jung, weiblich, verlobt, sucht.

Von einer 28-jährigen mit astreinem Lebenslauf und nicht der geringsten Chance.
Wenn Frustration eine graue Wolke ist, dann ist die Jobsuche der scheißbeschissene Weltuntergang. Von einer 27-jährigen mit astreinem Lebenslauf und nicht der geringsten Chance.
Irgendwie spiel ich im Moment gegen die Arbeitswelt. Mit 100 Assen im Ärmel. Schach. Im so genannten akademischen Werdegang gibt es an sich viele Frustrationspunkte, keine Frage. Kurz vor'm Abi, als ich lieber feiern als lernen wollte. Kurz nach dem Abi, als ich deshalb nicht meinen Traum-Studienplatz bekommen habe. Abertausendmal im Studium, als ich regelmäßig die Notwendigkeit von deskriptiver Linguistik und/oder all meiner Fremdsprachen angezweifelt habe. 9 Klausuren in 7 Tagen, kein Problem für mich. Die Bachelorarbeit in 6 Wochen? Kein Problem für mich. Nervenzusammenbrüche und Zukunftsangst am Ende des Studiums? Locker weggesteckt.
Vorbildlicher Werdegang, kein 'Ich musste mich selbst finden und bin super individuell durch Australien gereist', kein 'ich hab erst mal gejobbt um weiter feiern zu können' und auch kein 'ich zieh wieder bei Muddi ein, weil ich bin jetzt was Besseres und unter 50.000€ im Jahr steh ich gar nicht erst auf'. Im Gegenteil: Ohne Umschweife vom Studium ins Praktikum. Gut angestellt, fest eingestellt.
Long story short - 4 Jahre Online Marketing Managerin später - keine Prespektive. Kein Raus aus dem grauen Kampf gegen Windmühlen Arbeitsalltag. Kaum ein Cent Lohnerhöhung in 4 Jahren. Wasweißich wie viele Überstunden, durchgearbeitete Wochenenden und nicht erstattete Reisekosten später. Gefühlt weiter weg von den 50.000€ pro Jahr als die Studienkollegin, die immer noch bei Muddi wohnt.
Weggezogen. Job behalten. Warum? Weil ich nichts anderes finde. Eine Fast-Anstellung hat mir vor Fast-Vertragsabschluss verkündet, man habe sich für den Mann entschieden. Logisch, dass ich mich eine Woche nach Ablauf der Probezeit schwängern lasse. Passiert dem Mann so schnell nicht. Klar. Auch logisch, dass ich nach meiner Meinung gar nicht erst gefragt werde. Darf man ja nicht. Gesetzlich verbotenes Nachfragen sorgt also für generelles Unterstellen. Genau mein Humor.
Die Bilanz ist also ein solider Lebenslauf. Von einer motivierten Möchtegern-Mitarbeiterin. Die sich seit Jahren für einen undankbaren Arbeitgeber den Arsch aufreißt, ich mein, wie schlimm kann es schon werden mit mir? Ich will arbeiten. 8 Stunden. Mal mehr als 20 Tage Urlaub im Jahr und vielleicht sowas wie fairen Lohn? Keine Sorge, lieber zukünftiger Arbeitgeber, was für mich gerechter Lohn, ist für Sie wahrscheinlich noch günstiger Zeitarbeiterpreis. Gründe mir abzusagen gibt es ja wie Sand am Meer: Überqualifiziert, unterqualifiziert, Quereinsteiger, zu blond, zu fett, zu was weiß ich und natürlich sogutwie Mutter. Klar
Aber würden Sie mir wenigstens absagen. Machen wir uns nichts vor, in der Regel bekommt man ja nicht einmal eine Absage. Nicht mal die Antwort bin ich wert? Ernsthaft? Soll ich dann jetzt kündigen, um mir die Pendelei, die 60 Stunden Woche und den Druck zu ersparen? Damit ich nicht daran kaputt gehe, obwohl ich mir jetzt schon so oft weinend um 20:00 Uhr noch 'nen Kaffee ziehe? Soll ich kündigen und 3 Mini-Jobs machen? Geld hätte ich genau so viel. Nur weniger Ausgaben für die Pendelei oder die Reisekosten oder das Parken am Büro. Herr Tauber, soll ich? Ach hätt ich nur was ordentliches gelernt. Schreiner, Koch oder Fensterputzer. Ach wär ich doch nur schön und lustig und würde irgendwas mit Medien machen. Ach, ach, ACH.
Klar, das Gras auf der anderen Seite ist immer grüner. Klar haben es alle immer noch schwerer. Klar lohnt es sich zu studieren und sich den Arsch aufzureißen. Klar hilft es mir jetzt nicht zu kündigen und gar kein Geld mehr zu haben, klar. Klar könnt ich alle Energie, die in den Text geflossen ist auch in Ihre Texte legen. Klar, würde ich lieber für Sie Werbung machen, als für mich. Klar würde ich lieber über eine Work-Life Balance nachdenken. Auf der Autobahn vielleicht. Im Stau. Auf dem Weg nach Hause. Wo mal wieder keine Absage auf mich wartet. Keine Zusage. Einfach keine Reaktion.
Denn ja, wenn Frustration ein Gewitter ist, dann ist die aktuelle Jobsuche der scheißbeschissene Weltuntergang. Grüße aus dem Gewitter. Kuss.

Update: Mittlerweile 28. Mittlerweile bin ich Freiwild auf dem Arbeitsmarkt. Geändert hat sich nichts. Leider. 

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