Warum OK so gut wie gut ist.

Du bist ok Rolle. Und du auch. Na und du erst. #memyrollsandI



Du bist OK, ehrlich.
Es gibt Tage, da ist OK quasi gut. Gut genug, um durch den Tag zu kommen.

Wow. Es gibt Tage, da könnt ich mich selbst ohrfeigen und gleichzeitig auslachen. Ja ich, die ach so sehr sich selbst akzeptierende, positive, allen Selbstliebe predigende Alte, findet sich auch mal so richtig kacke. Und dann sitz ich draußen im weitesten T-Shirt, das ich finden konnte, Kaffee in der Hand und scrolle so durch’s Internet. Und gefühlt gibt es nur zwei Wahrnehmungen, entweder ist alles richtig gut und man findet sich zu 100% geil und nichts und niemand kann einem was, oder eben das genaue Gegenteil.

Was mir dabei fehlt: Die Realität. Liegt die nicht irgendwo dazwischen? 

Ich meine, ja klar finde ich mich gut. Aber will ich deswegen sobald ich mich im Spiegel sehe wild drauf los masturbieren? Gott bewahre nein! Wobei das auch irgendwie lustig wäre. Aber nein, ich schau in den Spiegel und denk – wow "Hallo Doppelkinn, du warst auch mal kleiner." Oder hey – ist das 'ne Delle an meinem Arsch? Auch ich achte viel zu oft auf Dinge, die mir nicht gefallen. Und wisst Ihr, was ich nicht mehr hören kann? Dass man das nicht DARF. Dass man sich auf die positiven Sachen konzentrieren soll. Was mag ich an mir? Blablablaajaklar. Das Ding ist doch, hier geht es um die subjektive Wahrnehmung. Auch mit dem positivsten Grundgedanken und einem Riesenhaufen Selbstliebe im Bauch kann und darf ich Dinge an mir scheiße finden.

Denn was ist die Mischung aus richtig gut und scheiße? Richtig – OK.  

Und ok reicht. Ich mein klar muss in dieser Diskussion eigentlich erwähnt werden, dass der Körper nicht so wichtig ist. Rein objektiv stimmt das wohl. Nur bringt das nichts, weil er subjektiv eben doch wichtig ist. Ich kenne leider keine einzige Frau, die nicht in diesem Spagat lebt zwischen Selbstliebe und Selbstkritik. Die nicht denkt "Ach hier ein paar bis 40 Kilo weniger und ach da die Dellen weg...". Die gibt es nämlich nicht. Naja gut, 4 vielleicht. WELTWEIT! 

Und warum können wir uns da nicht mal ein Beispiel an Männern nehmen? Ach und bevor hier ausgeflippt wird, ja auch Männer haben Probleme mit sich und ihren Körpern und Schönheitsidealen und und und, aber: Der Großteil der Männer mit ein paar Kilo zu viel auf den Rippen feiert das doch eher. "Ich hab aber auch 'nen richtigen Ranzen ey!" - "Quatsch!" - "Doch, doch! (der Mann haut sich lachend auf den Bauch) Stört's Dich?" - "Haha, sicher nicht!" Damit ist die Diskussion beendet. BEENDET.

Und dann werde ich aus lauter Eifersucht auf diese Gelassenheit stinksauer.  

Ich meine, warum begrüßen wir Frauen uns nicht auch so? Warum hauen wir Frauen uns zur Begrüßung nicht einfach gegenseitig auf den Arsch, lachen über die 5 Frust-Kilo, die da drauf gewandert sind und gehen zusammen 'ne Pizza essen? 

Ich fänd das großartig, weil das endlich diese bittere Ernsthaftigkeit aus der Diskussion um unsere Körper nehmen würde. Eine Diskussion, die auf jeder Ebene zutiefst verletztend ist und dabei am ALLERWENIGSTEN über uns aussagt.

Es heißt ja auch Selbstliebe und nicht Körperliebe - das heißt es geht um uns selbst. Uns unserer Selbst bewusst zu sein. Uns selbst - was so viel mehr ist als nur Aussehen ist. Das heißt Du kannst Dinge an dir haben, die dir total auf den Sack gehen und trotzdem ne echt heiße Schnitte sein! Ich meine das ist wie beim Zeugnis früher - ein paar Dreier, eine 5 und ein paar Zweier und einser - Was zählte da? Der Durchschnitt. Und was ist der Durchschnitt im Durchschnitt? Ok - Richtig. Und somit ist ok schon wieder quasi gut.

Ich glaube, Selbstliebe wird uns da auch einfach falsch verkauft. Für mich ist sie nicht das ultimative Supergefühl der Erkenntnis der eigenen Perfektion, sondern mehr so ein entspanntes "Ja, Mooooin" beim Blick in den Spiegel.

Ich glaube, das Ziel muss nicht sein, jede Rolle an sich schön finden zu lernen, sondern das Gesamtkonstrukt gut zu finden – zu welchem dann auch die blöde Rolle gehört. Alles in allem bekommt die Rolle dann auch genau die Aufmerksamkeit, die sie verdient - nämlich keine.

Wir müssen wegkommen von der Vorstellung alles an uns müsse super sein - wir müssen nur unter'm Strich zufrieden sein.Vielleicht schaffen wir das, indem wir versuchen, uns durch die Augen derer zu sehen, die uns gern haben. Vielleicht können wir versuchen, so wohlwollend mit uns selbst zu sein wie wir es mit allen anderen sind.

Und bis dahin sind wir uns einfach einer Sache sicher: Dass weder wir noch unser Leben immer schön und perfekt sein müssen. Dass OK manchmal gut genug ist. Dass auch wenn alles grad „nur“ ok ist, das Leben an sich echt schön sein kann.

Erzähl mir nichts über die Liebe…



... außer Du bist meine Oma, dann erzähl nochmal ganz viel.


Ach, Oma. In so übermütigen, vor Vorfreude schier platzenden Momenten, kommt er immer wieder, dieser fiese kleine Augenblick, in dem mir bewusst wird, dass sie nicht dabei sein wird. Doch soll es in diesem Text viel weniger um meine an Demenz erkrankte Oma gehen, als vielmehr um die Liebe zwischen meinen Großeltern, die so stark ist, dass man sie kaum erklären kann. Und die vor allem so präsent und bedingungslos ist, dass ich sie mir zum Vorbild nehme. 

Nichts auf der Welt ist wichtiger als die Liebe – am Ende geht es immer um die Liebe – Liebe gewinnt. Egal ob im Pop Song, im ach so dramatischen Liebesdrama oder in der schrulligsten Komödie. Ob gelesen, gespielt oder gesungen – jeder will nur lieben und geliebt werden. Und nicht zu vergessen: 

Die Liebe gewinnt. Aber tut sie das? 
Kann sie das wirklich immer?

Na von alleine schon mal nicht. Liebe in Form einer wirklich gelungenen Beziehung ist ein verdammt hartes Stück Arbeit. Ich rede hier nicht nur von Partnerschaften, auch von der Liebe zu Freunden, Eltern und Kindern. Denn die wahrscheinlich wichtigste Lektion über Liebe hat mir meine Oma erklärt als ich noch ganz klein und sie noch so fit war.


Früher, als die kleine Jenny bei Sprüchen wie „Bis zur Hochzeit ist alles wieder heile“ noch dachte, sie heiratet die Sandkastenliebe in so 75 Jahren. Früher, als ich noch klein und wild und motzig war. Da bin ich oft trotzig, brüllend aus dem Haus gerannt, weil Mama mir wahrscheinlich vollkommen zu Recht irgendwas verboten hat. So stapfe ich da wutentbrannt die Treppe runter an meiner Oma vorbei raus in den Garten, kletter in den Apfelbaum, auf diesen einen Ast. Mein Lieblingsast und will von der Welt nichts mehr hören. 

Dann kommt Oma, nimmt meine Hand und sagt: 
"Kind, so darfst Du nicht zu Deiner Mama sein, Du hast sie doch lieb. 
Jetzt geh hoch und gib ihr einen Kuss. Dann geh spielen und alles ist gut."


Ich weiß nicht warum, aber so hab ich es gemacht. Natürlich habe ich da dann nicht weiter drüber nachgedacht, bin spielen gegangen und war wieder vogelfrei und fröhlich wild. Und Mama, Mama war beruhigt, stand am Fenster und winkte mir nach. Vergessen und Verzeihen. So leicht.

Zumindest früher. 10 Jahre später war das alles gar nicht mehr so leicht. Verfahrene Situationen, schreckliche Streits und unverzeihliche Mama, Du bist SO gemein und Ich hasse Dich's später stürme ich wieder aus dem Haus. Setz mich vor die Tür und will abhauen. Ich bin so wütend und weine und schreie, als Oma wieder raus kommt - schon nicht mehr so sicher auf den Beinen und mit den Worten. Doch diese Worte fand sie noch. Sie sagte : "Kind. Man geht nicht ohne sich zu verabschieden. Auch nicht im Streit. Oder soll das letzte, was Du je zu Deiner Mama gesagt hast "Ich hasse Dich" sein?

"Geh und sag, dass Du sie lieb hast. 
Gib ihr einen Kuss und dann fahr wohin Du willst." 

Jetzt war es gar nicht mehr leicht. Aber anstatt im Streit zu fahren, hab ich mich in mein Zimmer verkrümelt bis ein wenig Ruhe eingekehrt ist. Dann bin ich runter zu meiner Mama und habe mich entschuldigt. Wie oft es so kommen musste oder leider auch nicht kam ist an dieser Stelle egal. Es geht um's Prinzip. Verlass niemals einen Menschen, den Du liebst ohne es ihm zu sagen. Das heißt im großen und ganzen: Egal wie sehr Ihr Euch gerade streitet. Egal wie wütend Du bist. Es ist Dein gutes Recht rauszuwollen. Abzuhauen. Mit lauter Musik über die Autobahn rasen oder einfach nur eine Runde joggen gehen. Aber: Verabschiede Dich! Denn Du weißt nie ob Du wieder kommst.

Und so höre ich Oma auch heute noch. Ihre Stimme, die mir die Liebe und die Welt erklärt. So viel, was ich so lange nicht begreifen konnte. 

Doch ich möchte ihn mit Euch teilen - den größten und einzigen Beziehungs-Tipp, den meine Großeltern mir je gegeben haben: Geh nie aus dem Haus ohne dich vernünftig zu verabschieden und geh nie im Streit ins Bett. Im Ernst. Die beiden sind seit 64 Jahren verheiratet. Er pflegt sie voller Liebe bis zum Schluss. Und eins habe ich mir geschworen: Ich gehe nie wieder ohne den Menschen zu sagen, was sie mir bedeuten. Und ich werde nie wieder im Streit einschlafen. Auch wenn es Grundlegendes ist, was man vielleicht nicht immer direkt klären kann. So ist ein Gute-Nacht-Kuss und ein Ich liebe Dich immer die bessere Voraussetzung morgends wieder friedlich auszustehen. Denn schlafen ist immer auch ein bisschen wie gehen - wichtig ist dass und wie man wiederkommt. Immer voller Liebe. Denn ja, sie kann gewinnen.