... außer Du bist meine Oma, dann erzähl nochmal ganz viel.
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Ach, Oma. In so übermütigen, vor Vorfreude schier platzenden Momenten, kommt er immer wieder, dieser fiese kleine Augenblick, in dem mir bewusst wird, dass sie nicht dabei sein wird. Doch soll es in diesem Text viel weniger um meine an Demenz
erkrankte Oma gehen, als vielmehr um die Liebe zwischen meinen Großeltern, die
so stark ist, dass man sie kaum erklären kann. Und die vor allem so präsent und
bedingungslos ist, dass ich sie mir zum Vorbild nehme.
Nichts auf der Welt ist wichtiger als die Liebe – am Ende
geht es immer um die Liebe – Liebe gewinnt. Egal ob im Pop Song, im ach so
dramatischen Liebesdrama oder in der schrulligsten Komödie. Ob gelesen,
gespielt oder gesungen – jeder will nur lieben und geliebt werden. Und nicht zu
vergessen:
Die Liebe gewinnt. Aber tut sie das?
Kann sie das wirklich immer?
Na von alleine schon mal nicht. Liebe in Form einer wirklich
gelungenen Beziehung ist ein verdammt hartes Stück Arbeit. Ich rede hier nicht
nur von Partnerschaften, auch von der Liebe zu Freunden, Eltern und Kindern. Denn
die wahrscheinlich wichtigste Lektion über Liebe hat mir meine Oma erklärt als
ich noch ganz klein und sie noch so fit war.
Früher, als die kleine Jenny bei Sprüchen wie „Bis zur
Hochzeit ist alles wieder heile“ noch dachte, sie heiratet die Sandkastenliebe in so 75 Jahren.
Früher, als ich noch klein und wild und motzig war. Da bin ich oft trotzig, brüllend aus dem Haus gerannt, weil Mama mir wahrscheinlich vollkommen
zu Recht irgendwas verboten hat. So stapfe ich da wutentbrannt die Treppe runter an meiner Oma vorbei raus in den Garten, kletter in den Apfelbaum, auf diesen einen Ast. Mein Lieblingsast und will von der Welt nichts mehr hören.
Dann kommt Oma, nimmt meine Hand und sagt:
"Kind, so darfst Du nicht zu Deiner Mama sein, Du hast sie doch lieb.
Jetzt geh hoch und gib ihr einen Kuss. Dann geh spielen und alles ist gut."
Ich weiß nicht warum, aber so hab ich es gemacht. Natürlich habe ich da dann nicht weiter drüber nachgedacht, bin spielen gegangen und war wieder vogelfrei und fröhlich wild. Und Mama, Mama war beruhigt, stand am Fenster und winkte mir nach. Vergessen und Verzeihen. So leicht.
Zumindest früher. 10 Jahre später war das alles gar nicht mehr so leicht. Verfahrene Situationen, schreckliche Streits und unverzeihliche Mama, Du bist SO gemein und Ich hasse Dich's später stürme ich wieder aus dem Haus. Setz mich vor die Tür und will abhauen. Ich bin so wütend und weine und schreie, als Oma wieder raus kommt - schon nicht mehr so sicher auf den Beinen und mit den Worten. Doch diese Worte fand sie noch. Sie sagte : "Kind. Man geht nicht ohne sich zu verabschieden. Auch nicht im Streit. Oder soll das letzte, was Du je zu Deiner Mama gesagt hast "Ich hasse Dich" sein?
"Geh und sag, dass Du sie lieb hast.
Gib ihr einen Kuss und dann fahr wohin Du willst."
Und so höre ich Oma auch heute noch. Ihre Stimme, die mir die Liebe und die Welt erklärt. So viel, was ich so lange nicht begreifen konnte.
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